Die Sicht des Analysten

Im Experten-Netzwerk von Engel & Völkers hat Herr Thies Schwarz als Senior Research Analyst die Märkte für Gewerbe- und Logistikimmobilien sehr genau im Blick. Wir haben mit ihm über die aktuellen Entwicklungen in diesem Segment des Immobilienmarkts gesprochen.

Bild von Thies Schwarz

Sehr geehrter Herr Schwarz, wie schätzen Sie den deutschen Markt für Logistikimmobilien aktuell ein?

Der deutsche Logistikmarkt ist von einem zunehmenden Nachfrageüberhang gekennzeichnet. In den Top-Logistikregionen spitzt sich der Flächenmangel weiter zu und bleibt das Kernproblem der Branche. Nutzern ist Flexibilität derzeit besonders wichtig. Aufgrund des Nachfrageüberhangs bleibt es größtenteils ein Vermietermarkt, was sich – besonders bei eher kurzen Mietvertragslaufzeiten – in teils deutlich gestiegenen Mietpreisen widerspiegelt. Die gängige Praxis, diese an den Verbraucherpreisindex zu koppeln, verstärkte dies zuletzt und schützt parallel die Vermieter vor der Inflation.Häufig müssen Unternehmen aufgrund des mangelnden Angebots auf Regionen außerhalb ihrer Kernmärkte ausweichen. Davon profitieren besonders B- und C-Lagen.


 
Welchen Effekt haben die globalen Herausforderungen für den deutschen Immobilienmarkt allgemein und Logistikimmobilien im Speziellen?

Der Logistiksektor kämpft wie die gesamte Branche mit Material- und Kapazitätsengpässen. Ursächlich sind weiterhin die Null-Covid-Politik in China sowie die Folgen des Krieges gegen die Ukraine. Die sich ständig verändernden Materialverfügbarkeiten, Baukosten – vor allem Stahl – und Energiekosten erschweren die Planbarkeit, weshalb Bauunternehmen Preise und Fertigstellungstermine kaum verbindlich zusagen können. Darüber hinaus verteuern die Zinserhöhungen der EZB, weiter gestiegene Baulandpreise und steigende energetische Anforderungen die Entwicklungskosten. Folge: Wir werden 2022 und 2023 sicherlich eine Reihe von Verzögerungen in der Projektpipeline beobachten können, welche die Verknappung auf Angebotsseite verstärken.


 
Wie reagieren die Unternehmen?

Auf der Nutzerseite reagieren Unternehmen auf die gestiegene globale Unsicherheit mit der Reduzierung der Just-In-Time-Delivery und versuchen mehr Produkte vorzuhalten, was einen größeren Lager- und Logistikbedarf mit sich bringt. Mithilfe des Dual oder sogar Multi Sourcings wird zudem versucht, die Abhängigkeiten einzelner Länder, Routen und Logistiksysteme zu begrenzen – was die benötigten Logistikkapazitäten ebenfalls erhöhen wird.


 
Was macht in Ihren Augen die Logistikimmobilie als Investmentziel attraktiv?

Zwar erlebte die Assetklasse in den letzten Jahren, wie alle Immobilienarten, eine erhebliche Renditekompression, jedoch liegt die Rendite für Logistikimmobilien weiterhin über den klassischen Assetklassen wie Wohnen oder Büro. Der E-Commerce wird auch in den nächsten Jahren der Katalysator für die Logistik bleiben – und wir als Endkunden sorgen mit unseren wachsenden Ansprüchen an Lieferzeit und Wunschort dafür. Wir erleben vielerorts einen teils erheblichen Angebotsmangel bei gleichzeitig restriktiver Neuausweisungspolitik seitens der Kommunen und ortsansässigen Bevölkerung. Somit sind, regional natürlich unterschiedlich ausgeprägt, weiter anziehende Mietpreise aufgrund des Nachfrageüberhangs durchaus zu erwarten.


 
Wie wichtig ist für Logistikimmobilien die Anbindung zum europäischen Schienengüterverkehr und wie wird sich der Stellenwert zukünftig entwickeln?

Sehr wichtig! Der Schienenverkehr kann nicht das Transportvolumen der Seefracht ersetzen, wird aber als Ausgleichs- und Sicherungssystem im Rahmen des wachsenden Dual-Sourcings wichtiger. Die Havarie der „Ever Given“ im Suezkanal ist nicht vergessen. Multimodalität kann Kosten sparen und zudem helfen die CO2-Bilanzen der Logistiker zu verbessern. Aufgrund politischer Restriktionen und der bereits hohen Auslastung des transalpinen Straßenverkehrs kommt dem Schienengüterverkehr nach Südeuropa bereits heute eine hohe Bedeutung entgegen. Im Norden Deutschlands wird der Fehmarnbelt-Tunnel vielfältige Potenziale für den Schienenverkehr nach Skandinavien ermöglichen. Der transkontinentale Anschluss an China steht aktuell ebenfalls unter Druck, da die Primärroute über Russland verläuft. Es ist jedoch davon auszugehen, dass das Transportvolumen über den Südkorridor (Kasachstan/Türkei) vermehrt als Alternativroute genutzt und die neue Seidenstraße ausgebaut wird. Dies wird den Schienengüterverkehr nachhaltig stärken.


 
Was zeichnet moderne Logistikanlagen im Vergleich zu bestehenden Anlagen aus?

Die Anforderungen schwanken sehr nach Objekttyp (Produktionslogistik, Distribution, Hochregallager, Kühllager etc.). Die bisher sehr wenigen Multilevel-Objekte in Deutschland haben aufgrund der vielfachen nutzbaren Fläche erhebliche Marktvorteile gegenüber herkömmlichen Hallen. Mehrstöckige Logistikkonzepte werden wir in Zukunft immer mehr sehen, vor allem wenn die Kommunen weiterhin strikt die Außenentwicklung beschränken und innerstädtische Brownfield-Developments, also bereits erschlossene ehemalige Gewerbeflächen, realisiert werden.
Das jedoch größte Thema ist die Energieeffizienz/Nachhaltigkeit. „Grünere“ Optionen, wie Photovoltaik-Anlagen, gewissenhafte Abfallentsorgung oder Wärmepumpsysteme bieten in der Regel nicht nur Kostenvorteile, sondern ermöglichen den Nutzern darüber hinaus Imagegewinne und den Eigentümern entsprechend höhere Mietzinsen.


 
Was darf in einer heute gebauten Logistikanlage nicht fehlen?

Ein Fokus auf moderne und möglichst nachhaltige Bauweise und Betrieb: Die kontinuierlich steigenden Energiepreise fossiler Brennstoffe sowie die Unklarheit über deren Entwicklung und politischer Regulationen sind ein Unsicherheitsfaktor in der langfristigen Kalkulation. Deswegen werden neben Solaranlagen auch moderne Heiz- und Kühlsysteme und energieeffiziente Dämmungen zunehmend nachgefragt. Die Begrünung von Fassaden- und Dachflächen steht ebenfalls im Fokus wie Kompensationsmaßnahmen. In Kombination mit Photovoltaikanlagen bieten Ladesysteme für Elektromobilität häufig erhebliche Mehrwerte für die Nutzer. Darüber hinaus ist eine zukunftssichere Kabelinfrastruktur wichtig, die Real-Time-Tracking und autonomes Fahren ermöglicht.


 
Wo sehen Sie noch weiteren Ausbaubedarf in diesem Bereich?

Zwar erlebte die Assetklasse in den letzten Jahren, wie alle Immobilienarten, eine erhebliche Renditekompression, jedoch liegt die Rendite für Logistikimmobilien weiterhin über den klassischen Assetklassen wie Wohnen oder Büro. Der E-Commerce wird auch in den nächsten Jahren der Katalysator für die Logistik bleiben – und wir als Endkunden sorgen mit unseren wachsenden Ansprüchen an Lieferzeit und Wunschort dafür. Wir erleben vielerorts einen teils erheblichen Angebotsmangel bei gleichzeitig restriktiver Neuausweisungspolitik seitens der Kommunen und ortsansässigen Bevölkerung. Somit sind, regional natürlich unterschiedlich ausgeprägt, weiter anziehende Mietpreise aufgrund des Nachfrageüberhangs durchaus zu erwarten.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Schwarz.


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