Wie viele andere Branchen ist auch der Immobilienmarkt in diesem Jahr mit zahlreichen unerwarteten Herausforderungen konfrontiert. Privatanlegern fällt es umso schwerer, die kurz-, mittel- und langfristigen Folgen für Ihre Anlageentscheidung abzuschätzen. Profitieren Sie vom großen Know-How der globalen Engel & Völkers Organisation und unserer Spezialisten für das Segment Gewerbeimmobilien: Erfahren Sie, wie professionelle Analysten den Einfluss von COVID-19 auf den deutschen Büromarkt einschätzen und warum wir einige Büro- und Gewerbeobjekte auch unter diesen Gegebenheiten mit der besten Risikoklasse AA bewerten.
NEW WORK BRAUCHT MEHR PLATZ
Die konkreten Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Büromarkt sind auch einige Monate nach Ausbruch umstritten. Fakt ist: Einschränkungen aufgrund der Umsetzung des Infektionsschutzgesetzes führen zu strukturellen Veränderungen in der Arbeitswelt, welche sich zum Teil überlagern. Der aktuell verstärkte Einsatz von Home-Office-Lösungen wird den Flächenbedarf sinken lassen. Dafür spricht auch, dass die verbundenen Mietkosten oft den zweitgrößte Kostenblock für Unternehmen darstellen. Es gibt also offensichtliche Einsparpotenziale durch modernisierte Arbeitsweisen.
Wer jetzt allerdings denkt, der Büromarkt sei deshalb grundsätzlich kein gutes Investment, der greift hier deutlich zu kurz. Denn es wird nicht weniger in Büros gearbeitet werden, sondern anders.
Büros werden zunehmend zu einem Hub für den Austausch von Ideen und zur Ausarbeitung von immer komplexeren Prozessen, zu dem sich die Mitarbeiter weiter im Büro treffen werden müssen. Experten prognostizieren daher eine Neuordnung der Arbeit, die das Aussehen des Büros verändern wird. Eine gute IT-Infrastruktur und zentrale Erreichbarkeit werden zunehmend zur Pflicht. Die Nachfrage nach modernen und flexiblen Büros mit Kommunikationsinseln und weiteren kollaborativen Elementen wird steigen. Solche Strukturen führen auch zu einer höheren Fläche pro Kopf, was die Einsparungen durch Home-Office teilweise wieder wettmacht.
Zusätzlich: Selbst, wenn der Leerstand in den großen Bürostandorten wieder leicht ansteigen sollte, es wäre wahrscheinlich nur gut für den Markt.
„Wir haben im Moment eher einen zu niedrigen Leerstand bei den Büroimmobilien. In Hamburg stehen nur knapp drei Prozent der Büroflächen leer, in Berlin 1,9 Prozent. Das machte es für Unternehmen bisher schwierig umzuziehen oder zu expandieren“ - so fasst Oliver Horstmann, Mitglied der Geschäftsleitung bei Engel & Völkers Commercial Hamburg, die Situation zusammen. Selbst mit leicht steigenden Leerstandsquoten ergeben sich für Investoren weiter gute Anlagemöglichkeiten: So würde durch vorübergehenden Leerstand die oftmals nötige Modernisierung älterer Büroflächen überhaupt erst möglich, welche dann eine Wiedervermietung zu besseren Konditionen ermöglicht.
Konstante Spitzemieten und niedriger Leerstand
Laut JLL Büromarktüberblick vom 2. Quartal 2020 ist die aggregierte Leerstandsquote in den größten deutschen Büromärkten bei nach wie vor bei sehr niedrigen 3,2%. Zum Vergleich: Vor der Finanzkrise 2010 lag die mittlere Leerstandquote bei über 8 Prozent. Moderne und flexible Neubauflächen in den Top-Lagen sind auch in Corona-Zeiten gefragt. In Stuttgart und in Hamburg sind die Spitzenmieten gestiegen. In den anderen Großstädten blieben die Spitzenmieten unverändert. Solange die Leerstände in den größten Städten Deutschlands nicht deutlich über 5 Prozent ansteigen, wird es in den stark gefragten Stadtlagen weiter eine Flächenknappheit geben.
Insgesamt stehen in den größten sieben Städten Deutschlands Ende Juni 2020 nur knapp 3 Mio. m² Büroflächen leer. Dieser Wert liegt somit sogar leicht unter dem Vorjahresergebnis.
Experteninterview zur aktuellen Lage des Büromarktes
Hat der Coronavirus dem Gewerbe- und Büromarkt geschadet? Diese Frage beschäftigt Immobilienexperten seit den Abstandreglungen und Kontaktbeschränkungen ebenso stark wie Anleger. Eines lässt sich sicher sagen: Er wird ihn nachhaltig verändern. Über Veränderungen in der Arbeitswelt, den aktuellen Büromarkt in Düsseldorf und unser aktuelles Crowdinvesting-Projekt in Ratingen sprachen wir mit Axel Berle, Leiter des Bereichs Gewerbeimmobilien bei Engel & Völkers Düsseldorf.
1. Herr Berle, Büro- und Gewerbeimmobilien sind von anderen Faktoren abhängig als beispielsweise Wohnimmobilien. Wo sehen Sie aus Anlegersicht die größten Unterschiede?
Büro- und Gewerbeimmobilien werden gänzlich anders genutzt und finden dadurch in einem komplett anderen Rechtsrahmen statt. Daher ist dieser Markt hinsichtlich der Mieten deutlich dynamischer als beispielsweise der Markt für Wohnimmobilien, der zum Teil durch eine Mietpreisbreme reguliert wurde. Eine stärkere Konjunkturabhängigkeit sowie höhere Mieterfluktuation werden mit höheren Bruttorenditen kompensiert. Neuvermietungen sind häufig mit hohen Umbaukosten verbunden, weshalb langlaufende Mietverträge bonitätsstarker Mieter einen sehr großen Einfluss auf die Bewertung von Büro- und Gewerbemieten haben.
2. Wie bewerten Sie den Einfluss der Corona-bedingten Maßnahmen zum Infektionsschutz auf den Gewerbe- und Büromarkt?
Natürlich war der Gewerbe- und Büromarkt kurzzeitig erst einmal gebremst aufgrund der Unsicherheit bezüglich der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung. Für lokale Märkte mit zuletzt ungesund niedrigen Leerstandsquoten, wie z.B. Köln, kam es so mitunter zu einer kurzfristigen Entspannung des Marktes und kann im Umkehrschluss bei einer Erholung der Wirtschaft sogar zu deutlich höheren Flächenumsätzen führen. Dagegen kann in Düsseldorf, ebenfalls ein in der Vergangenheit stark wachsender Markt, dieser Rückgang bei positiver wirtschaftlicher Entwicklung zumindest nur teilweise kompensiert werden. Aber auch hier muss differenziert werden: Moderne Bürokonzepte können auf die Corona-bedingten Maßnahmen deutlich flexibler angepasst werden als klassische. Dementsprechend hatten wir zum Teil je nach Objekttyp eine divergierende Marktentwicklung.
Auch mit den jetzigen Lockerungen in vielen Bundesländern wird Corona und alle damit verbunden Maßnahmen den Gewerbe- und Büromarkt nachhaltig verändern, das steht außer Frage. Um die Dynamik des Marktes weiterhin zu gewährleisten ist ein Umdenken in der Branche erforderlich.
3. Daran anknüpfend: In der aktuellen Zeit gewinnen innovative Büro-Konzepte und Home-Office-Lösungen vermehrt an Zuspruch. Wie wird sich Ihrer Meinung nach die Nachfrage nach Büroflächen weiter entwickeln?
Die Nachfrage nach Smart Offices und flexiblen Bürokonzepten in den Städten wird deutlich zunehmen. Als Folge wird der Druck auf die klassischen Büroflächen erhöht, da sie nicht mehr den zeitgemäßen Anforderungen moderner Arbeitsweisen entsprechen. Flexibel nutzbare und infrastrukturell gut angebundene Immobilien werden daher weiter ihren Wert eher halten oder sogar steigern können.
Je nach Branche und Digitalisierungsgrad des Unternehmens wird aber auch das Potenzial von Gewerbe- und Büroflächen zukünftig anders bewertet werden. Flexible Flächen, die zukünftig eher die Rolle von innovativen Kommunikationszentren als nur die Bereitstellung von Arbeitsplätzen erfüllen können, werden grundsätzlich weniger mit Nachfragerückgang zu kämpfen haben.
4. Was zeichnet den Büromarkt im Großraum Düsseldorf aus? Und welche Rolle spielt Ratingen dabei?
Düsseldorf hat in den vergangenen Jahren eine kontinuierlich steigende Nachfrage erfahren, bestärkt durch zahlreiche Projektentwicklungen. Der dadurch entstandene Nachfrageüberhang sorgte für eine fallende Leerstandsquote. Zuletzt ist die Leerstandsquote in Düsseldorf durch die Corona-Maßnahmen kurzfristig leicht gestiegen, aber sollte sich mittelfristig bei einer wirtschaftlichen Erholung wieder einpegeln.
Der Ratinger Büromarkt bietet allgemein eine gute Alternative für Unternehmen, die in Düsseldorf nicht fündig werden oder von der Nähe zu Düsseldorf sowie der guten Verkehrsanbindung bei einem deutlich niedrigeren Mietniveau profitieren wollen. Durch die Projektentwicklungen in Ratingen Ost, dem Schwarzbachquartier, gibt es ein gutes Angebot an hochwertigen Büroflächen auf Düsseldorfer Niveau. Renommierte Unternehmen wie SAP, Esprit, Mitsubishi haben sich in Ratingen angesiedelt und ziehen dadurch natürlich auch weitere Unternehmen an. Unterhalb dieses Segments gibt es eine Reihe von Bestandsobjekten im Westteil zu einem niedrigeren Mietniveau und ebenfalls guter Anbindung. Dieser Mix macht den Bürostandort auch für Unternehmen aus dem Ruhrgebiet interessant.
5. In eigener Sache: Wie würden Sie persönlich die mittel- bis langfristigen Vermietungschancen unseres aktuellen Projektes „Office am Europaring“ einschätzen?
Anders als vielleicht vermutet ist die zentrale Lage in Ratingen nicht das ausschlaggebende Kriterium für gute Vermietungschancen für dieses Objekt. Viel wichtiger ist, dass sie auf eine technologisch und vor allem digital versierte Mieter-Zielgruppe ausgelegt ist. Für diese Zielgruppe sind nachhaltige Konzepte und die Flächenqualität viel entscheidender. Zur Flächenqualität zählen flexibel konzipierte Büroflächen, sogenannte Flex Spaces, aber auch ein ökologisches und digital fokussiertes Betreiberkonzept, wie es die Offices am Europaring besitzen.